Die Macht der Gier ist ein spannender Ostfrieslandkrimi
… Hinni unterhält sich weiter mit Tom, aber aus den Augenwinkeln beobachtet er, wie Lena versucht, näher an den See zu kommen. Eine etwa zwanzig Meter breite Moorfläche trennt den Bohlenweg vom Wasser. Vorsichtig setzt sie den Fuß auf eine kleine, mit Wollgras bewachsene Fläche und prüft die Belastbarkeit. Sie scheint ihr Gewicht zu tragen und Lena zieht den anderen Fuß nach.
Wenn sie schon so einen Blödsinn macht, dann hätte sie sich wenigstens ordentliche Stiefel anziehen sollen und nicht diese allgegenwärtigen Sneakers, denkt Hinni. Er sagt aber nichts, in seinen Augen ist Lena erwachsen – als Lehrerin vielleicht sogar intelligent, aber nicht besonders klug. Er achtet deshalb weiter auf ihre Aktionen.
Die nächste bewachsene Fläche, die wie eine winzige Insel aus dem Moorwasser ragt, ist einen halben Meter entfernt, auch die scheint Lena zu tragen. Diese kleinen Pflanzeninseln ziehen sich wie eine Kette bis zu dem Seeufer, offensichtlich will Lena dort hin.
»Komm zurück, Lena«, ruft Hinni. »Das geht nicht gut.«
Lena winkt ab, konzentriert schaut sie nach vorne und auf das Wasser des Sees.
Ein weiteres Pflanzenbüschel trägt sie auch, dann erreicht sie das nächste und noch eines. Etwas hilflos steht sie schließlich drauf und scheint zu überlegen, wie die weiteren Schritte aussehen könnten. Die nächste kleine Insel ist mehr als eine Schrittlänge entfernt.
Lena setzt entschlossen zum Sprung an, ihr rechter Fuß erreicht auch die Pflanzendecke, aber er sinkt durch. Darunter ist nichts, das ihr Gewicht tragen könnte. Sie fällt nach vorne und liegt bäuchlings im Moor.
»Scheiße!«, ruft sie und versucht sich aufzurichten. Vergeblich, sie findet nirgends einen festen Halt.
Hinni und Tom sind aufgesprungen, ihr Puls rast, sie stehen an der Kante des Bohlenwegs und suchen verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihr zu helfen.
»Bleib liegen«, ruft Hinni ihr zu. »Streck die Beine aus. Wenn du aufstehst, sinkst du immer tiefer ein. Versuch, dich am Gras oder einer Pflanze festzuhalten.«
»Das ist Moor und Sumpf«, ergänzt Tom. »Mach dich so breit wie möglich und versuch, dich an den Gräsern nach vorne zu ziehen. Keine Panik, du kommst da raus, wir helfen dir.«
Hinni sucht nach Gegenständen, die er über das Moor schieben könnte, um sie zu erreichen. Die Bohlenbretter? Sie sind zu kurz und außerdem sind sie mit soliden Nägeln befestigt. Die Bank? Die ist zu schwer und außerdem ist sie auch zu kurz. Hastig durchwühlt er seine Taschen, aber wie erwartet, hat er nicht einmal einen Tampen oder eine Leine dabei.
»Hilfe, ich sinke immer tiefer«, ruft Lena. »Nun helft mir doch, macht doch schon! Ich glaube, ich habe gerade eine Schlange gesehen.«
»Keine Panik, die Schlangen hier tun dir nichts.« Hinni versucht, möglichst ruhig zu antworten. »Wir holen dich raus.«
»Das erste und das zweite Grasbüschel, die haben sie doch getragen«, überlegt er laut, »das sollte gehen«.
Schnell zieht er seinen Anorak aus und wirft ihn über die Bank. Er legt sich auf den Bohlenweg und schiebt sich dann durch den Matsch vorsichtig über den Rand zu den Büscheln herüber.
»Deinen Anorak, schnell«, fordert er dann Tom auf. »Mach eine Rolle daraus, so lang wie möglich.«
Der kapiert sofort, streckt die beiden Ärmel der gelben Kunststoffjacke auf größtmögliche Länge aus und rollt Brust- und Rückenteil zusammen. Dann wirft er ihn direkt in Hinnis Hände.
»Nun helft mir doch«, schreit Lena schrill. Ihre Stimme drückt Panik aus, sie spürt den Griff des Moores, es zieht sie herunter, langsam, aber unaufhaltsam.
Hinni fasst einen Ärmel, er versucht, den anderen Lena zuzuwerfen.
»Das ist zu kurz«, jammert Lena, »wir brauchen ein langes, richtiges Seil.«
»Scheiße, haben wir aber nicht«, flucht Hinni leise, ruft aber laut: »Wir machen was anderes.«
Er robbt hastig zurück auf den Bohlenweg, zieht sein Hemd und die Jeans aus und knotet beides so zusammen, dass sich die größtmögliche Länge ergibt. Nur mit dem T-Shirt und seiner Unterhose bekleidet schiebt er sich wieder über das Moor und versucht Lena, das provisorische Seil zuzuwerfen.
»Scheiße, langt immer noch nicht«, flucht er. »Tom, ich brauche deine Hose und dein Hemd auch noch, mach schnell.«
»Hilfe«, schreit Lena, inzwischen in Todesangst. »Ich kann mich nicht mehr halten. Da ist nur Schlamm unter mir.«
Tom kapiert, er zieht sich aus, knotet seine Kleidung zusammen und verbindet beides mit denen von Hinni. Das sollte reichen, hofft er.
»Hilfe«, gurgelt Lena voller Panik, sie hat den Mund halb voll mit matschigem Wasser. »Scheiße, ich komme nicht an das nächste Grasbüschel heran.«
Hinni sieht, was passiert ist. Sie versuchte in ihrer Panik, weiter nach vorn zu robben und ihm entgegenzukommen. Nun liegt sie nur noch mit den Oberschenkeln und dem Unterleib auf dem weichen Grasbüschel, vorne ist aber nichts mehr, was den Oberkörper halten könnte. Ihr Kopf liegt auf der moorigen Wasserfläche, sie versucht ihn krampfhaft nach oben zu halten – aber sie findet nichts Festes, um ihre Hände zu stützen.
»Versuch zu schwimmen«, ruft Hinni. Dann sieht er nur noch, wie sie kraftlos ihren Kopf ins Wasser sinken lässt. Ein paar Luftblasen steigen auf.
»Schnell Tom, die Leine. Behalte ein Ende in deiner Hand.«
Tom wirft ihm die zusammengeknoteten Kleidungsstücke wie ein Lasso zu und Hinni robbt nach vorne, möglichst über die kleinen Pflanzeninseln. Einige verfehlt er, er muss versuchen, sich mit schnellen Schwimmbewegungen über Wasser zu halten und nach vorne zu bewegen. Schließlich ist er so weit vorangekommen, dass sein ausgestreckter Arm Lenas Kopf erreicht. Sie liegt leblos, die Arme sind seitwärts ausgestreckt.
»Oh Gott!« Hinni befürchtet das Schlimmste. Ohne Rücksicht darauf, dass es ihr weh tun könnte, greift er in ihr Haar und wickelt ein großes Büschel fest um seine Hand. Dann nimmt er das Ende der Leine, die er hinter sich hergeschleppt hat. »Los, Tom, zieh … zieh uns beide hier raus.«
Hinni versucht, näher an Lenas Kopf zu kommen und ihn über der Wasseroberfläche zu halten. Es gelingt, offenbar im letzten Moment.
Lena hustet, spuckt Wasser und ringt keuchend nach Luft. Ihr Körper zittert, entweder vor Kälte oder vor Angst. Sie kann nicht reden, aber ihre Augen füllen sich mit Tränen und schauen Hinni dankbar an. Mein Gott, war das knapp, sagen sie.
»Wir sind hier noch nicht raus«, sagt Hinni, »aber bleib ruhig. Tom wird uns herausziehen.«
»Sie lebt«, schreit er nach hinten. »Tom, nun zieh doch endlich. Wir wollen beide hier raus.«
Tom zieht an dem Behelfsseil, langsam und stetig. Er versucht, schnelle, ruckartige Bewegungen zu vermeiden, damit weder Lenas Haare aus Hinnis Hand gleiten, noch Hinni mit der anderen Hand das Seil nicht halten kann.
Lena zappelt, Hinnis Griff in ihren Haaren schmerzt. Sie versucht mit ihren Händen, seinen Arm zu fassen. Vergeblich, sie scheint zu schwach zu sein.
Langsam, zentimeterweise, so kommt es Hinni vor, rückt der Bohlenweg näher. Einige Male wird er unter Wasser gedrückt, er hält die Luft an, so lange, bis Tom ihn aus dem Wasserloch gezogen hat.
Plötzlich ist seine Hand, in der er eben noch Lenas Haare gehalten hat, leer. »Lena«, schreit er, »wo bist du?«
»Hier!« Er hört ihre Stimme hinter sich. »Warum hast du mich losgelassen?«
»Deine Haare sind mir aus der Hand geglitten, als ich unter Wasser war. Ich komme zu dir zurück.«
Hinni prüft die Lage: Er selbst ist noch zwei Meter von dem Bohlenweg entfernt, Lena befindet sich knapp hinter ihm, er kann sie aber nicht erreichen. Sie sind so kurz vor dem Ziel – und alles soll umsonst gewesen sein?
»Gib zwei Meter lose in die Leine«, ruft er in Toms Richtung. Er versucht, zu Lena zurückzurobben und dabei möglichst auf den Pflanzeninseln zu bleiben …
und ein paar Morde … Der 10. Band in der Reihe „Sail & Crime ist online und als Taschenbuch im Handel. Die Stammleser haben sich geradezu über die Neuerscheinung gestürzt. Vielen Dank dafür. Ihr seid großartig.
Und um was gehts in Die Macht der Gier?
Wie der Titel schon sagt, um Macht und Gier. Und um die Sache von damals – die der Schlüssel zu den Morden sein könnte. Während Hauptkommissar Brunner und sein Team verzweifelt nach dem oder den Mördern sucht, findet Brunner in einem streunenden Hund einen neuen Freund. Sobald er sich dem Tatort nähert, ist auch der Hund wieder da. Ist er vielleicht ein stiller Zeuge?
Renates Renovierungsabsichten im Hotel führen zu einem gesundheitlichen Ausnahmezustand von Hinni. Kurzentschlossen quartiert er sich in der nahegelegenen Kurklinik Eversmeer ein. Ganz zufällig sieht er sich in die Mordermittlungen verstrickt und ermittelt auf eigene Faust mit seinen etwas unüblichen Methoden. Die weiblichen Reize der Damen in der Kurklinik sind nicht zu unterschätzen. Kann Hinni den Verlockungen widerstehen?
Gift und Drogen, Medikamente und Geld – ist da der Hintergrund zu Morden zu suchen? Es bleibt spannend bis zum Schluss – und da ist alles wieder ganz anders.
Ein ausgesprochen unterhaltsamer Krimi mit viel Lokalkolorit und Spannung. Schön geschrieben, flüssig zu lesen.
Harald Risius hat es wieder einmal verstanden, seine Leser in das schöne Ostfriesland zu entführen. Er zeigt ihnen nicht nur die Reize der einmaligen Landschaft sondern lässt auch seine Leser die markigen Bewohner kennenlernen.
Es ist so weit! Er ist da – der NEUE! Granat hat keine Gräten ist der 9. Band in der maritimen Buchreihe Sail & Crime. Bereits in den ersten Tagen konnte er sich als E-Book bei Amazon unter die 100er Top-Bücher reihen. Wir sind sehr stolz darauf. Seit wenigen Tagen ist das Buch nun auch im Handel als Taschenbuch erhältlich.
Nordseekrabben
Und um was gehts in Granat hat keine Gräten?
Es geht um einen Heuler – ein mutterloses Seehundbaby, einen Giftmord mit Nordseekrabben – die in Ostfriesland Granat genannt werden, und um skrupellose Geschäftemacherei. Viel Spannung, Lokalkolorit und es menschelt bei den beiden Kommissaren.
Ein neuer Krimi mit Krabben und Seehunde
Autor Harald H. Risius schaut hinter die beschauliche Fassade seiner früheren Heimat. Einflussreiche Investoren interessieren sich für die Seehundaufzuchtstation in Norddeich. Werden die Heuler zum Spekulationsobjekt? Der neue Ostfrieslandkrimi ist ein ausgesprochen realistischer Krimi mit einem fesselnden Spannungsbogen. Einmal mehr hat Risius es wieder verstanden seine Leser mit auf eine unterhaltsame Reise nach Ostfriesland zu nehmen. In diesem Band steht die Seehundaufzuchtstation Norddeich im Mittelpunkt des Geschehen. Der kleine Heuler, den die bekannten Protagonisten Hinni und Renate bei einer Segeltour entdecken, bringt die Geschichte ins Rollen.
Bei einem großen Galaabend zugunsten der Station erstickt einer der Gäste, nachdem er eine Portion Nordseekrabben, die in Ostfriesland Granat genannt werden, gegessen hat. Der Kreis der Verdächtigen ist groß. Nicht zuletzt hat der vermeintlich ehrenwerte Bankier seine Finger in allerhand schmutzigen Geschäften und spekuliert auch auf die Seehundstation um diese zu einem gewinnträchtigen Touristenmagneten auszubauen. Dabei ist ihm das tatsächliche Anliegen – Seehunde artgerecht aufzuziehen und wieder in die Freiheit zu entlassen, egal. Wie es oft so ist, sind diese Art von Menschen nicht nur in geschäftlicher Hinsicht skrupellos, sondern schrecken auch im Privatleben vor nichts zurück.
Je tiefer sich die bekannten Ermittler Susi Wildtfang und Helmut Brunner in den Fall einarbeiten, desto spannender wird die Geschichte und das Tatmotiv facettenreicher. Susi und Brunner stehen außerdem vor weitreichenden privaten Veränderungen. Susi will mit ihrem langjährigen Partner Karl in den Hafen der Ehe segeln und Brunner will sich von seinen Plänen, heimzukehren in die fränkische Heimat, verabschieden und in Ostfriesland sesshaft werden. Es bleibt spannend …
Kurzum ein schöner klassischer Krimi mit guter Ermittlerarbeit und einer realistischen Story. Der Schreibstil von Harald H. Risius überzeugt, das Buch lässt sich flüssig lesen.
Und wem das mit den Krabben immer noch zu theoretisch ist, hier ein kleines Video wie man die kleinen Tierchen mundgerecht aufbereitet.
Es ist ein herrlicher Segeltag. Wir sind im Wattenmeer unterwegs, das seit 2009 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und fahren an den Sandbänken von Norderney vorbei. Ich bedaure einmal mehr, dass ich kein Superteleobjektiv habe. Gerne hätte ich die Seehunde, die sich dort in der Sonne räkeln, ein bisschen näher heran gezoomt. Aber man kann eben nicht alles haben. Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis die Tiere zu beobachten. Ich bitte Hinni, ein wenig näher heran zu fahren. Plötzlich löst sich ein ganz kleiner Seehund aus der Gruppe, schwimmt uns einfach vor den Bug und steuert die nächste unbevölkerte Sandbank an. Er scheint irgendwie in Panik geraten zu sein.
Heuler vor Noderney
Hallo – da stimmt doch was nicht – der ist doch völlig orientierungslos. Hinni handelt schnell und informiert die Wasserschutzpolizei. Wir bekommen die Anweisung vor Ort zu bleiben und das Tier zu beobachten, es jedoch auf keinen Fall an Bord zu nehmen. Das ist strafbar. Aber das wissen wir doch alles. Wir werden Zeuge wie ein kleines Seehundbaby zum Heuler wird. Zu einem Seehundwaisenkind. Er tut uns leid. Wir überlegen, was der Auslöser für seinen plötzlichen Aufbruch war. Wir??? Nein, wir haben uns genau an die Vorschriften gehalten und den entsprechenden Abstand eingehalten. Es kommt wohl hin und wieder vor, dass sich ein Baby verirrt, in die falsche Richtung läuft bzw. schwimmt und nicht mehr zur Mutter zurück findet.
Die Wasserschutzpolizei leitet alles in die Wege und der Heuler wird in die Seehundstation nach Norddeich gebracht. Zuerst kommt er ins sogenannte Waloseum und muss die Quarantäne, um eventuelle Krankheiten ausschließen zu können, durchstehen. Danach kommt er zu den anderen Jungtieren zur weiteren Aufzucht und Vorbereitung zu Auswilderung.
Sobald „unser“ kleiner Ausreißer Hinni, wie er genannt wurde, vom Waloseum umgesiedelt ist, besuchen wir ihn. So niedlich. Man hätte glatt Lust auf eine Runde kuscheln, wenn – ja wenn er nicht so nass wäre. Bei einem Gespräch mit dem Leiter der Station erfahren wir von den immer währenden Geldsorgen der Station. Hinni schlägt spontan vor: „Lass uns doch eine Benefizveranstaltung zugunsten der Seehundstation machen. Das wäre eine gute Werbung und Hilfe für die Station aber auch für unser Hotel. Wir haben hier in Ostfriesland eine Menge reicher Leute, die ein gutes Herz haben. Nicht zuletzt, wenn man damit mal wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wird.“
„Super Idee.“
Und so laden wir die Honoratioren Ostfrieslands ein. Ein Rahmenprogramm, angefangen von Vorträgen und einem Krabbenpulwettbewerb, machen die Veranstaltung zu einem attraktiven Abend. Der stolze Eintrittspreis von 500 Euro, pro Person wohlgemerkt, ist gut angelegt, man tut ein gutes Werk und hat mal wieder Presse … Die Karten sind ratzfatz weg.
Dass der Abend nicht ganz so rund läuft wie gedacht, aber umso mehr Aufsehen erregt, konnten wir nicht ahnen. Als sich einer der Ehrengäste mit einem Erstickungsanfall unter lautem Husten aufbäumt und sein Nachbar ihn mit den Worten: „Er hat sich bestimmt an einer Gräte verschluckt …“ beruhigen will, erwidert Hinni ganz trocken: „Granat hat keine Gräten …“
Wie es weitergeht könnt ihr bald im neuen Ostfrieslandkrimi „Granat hat keine Gräten“ von Harald H. Risius lesen. Freut euch schon mal. Wenn es so weit ist, werden wir euch Bescheid geben.
Vorbestellungen werden ab sofort angenommen. Das Buch wird im Herbst als E-book und Taschenbuch erscheinen.
Susi und ich unterhalten uns gerade über die Gestaltung des Silvesterabends und was man den Gästen im „Hotel am Großen Meer“ anbieten wird. Es soll regional und authentisch sein
»… Aber du darfst natürlich die Rullkes nicht vergessen. Die sind überhaupt das Wichtigste am Silvesterabend.« empfiehlt Susi. »Stimmt, davon hat Hinni auch gesprochen.« Renate erinnert sich. »Rullkes mit Sekt um Mitternacht, sagte er. Aber genau erklären konnte er es auch nicht. Scheint eine Art Waffel zu sein?« »Mit den Rullkes fängt das neue Jahr an. Bei uns wurden sie deshalb auch Neeijahrskoken genannt. Es sind Waffeln aus einem besonderen Teig. Sie werden in einem speziellen Waffelleisen gebacken, das es früher in jedem ordentlichen Haushalt gab. Nach dem Backen werden sie konisch aufgerollt, noch bevor sie knusperig werden. Der Teig für die Waffeln variiert von Ort zu Ort, ich mag es gerne mit viel Anis darin.«
Die tun sich leicht – spezielles Waffeleisen und konisch aufrollen … Ob sich die einschlägigen Elektrogerätehersteller darauf eingestellt haben?
JA!! Also nach meiner Recherche gibt es tatsächlich so etwas. Heißt Hörnchenautomat. Also haben wir noch einen Namen …
Aber … Vielleicht haben wir ja sogar das Equipment irgendwo in Hinnis Gekruschel. Ich glaub ich hab sowas gesehen, Tante Wipke scheint ihm das mal vermacht zu haben..
Jetzt mach ich mich erst einmal schlau:
Mit dem Namen ist man sich nicht so wirklich einig, teilweise heißt es Rullerkes, Rullkes, Krüllkoken oder Eiserkuchen. Letztendlich sind mit Röllchen – Röllerle (fränkisch) oder Röllkes, kleine gerollte Gebäckteile gemeint. Wobei natürlich die Assoziation an Röllchen – gleich Hüft- oder auch Speckröllchen in diesem Zusammenhang auch Ihre Berechtigung hat. ;))
… egal also irgendwas gerolltes. Verstehe sogar ich. Aber jetzt kommts – dieses Teil, Name wie auch immer, soll Glück bringen und vor Hunger schützen. Das klingt doch schon mal gut. Die Sache mit dem Hunger erklärt sich von selbst, denn wenn gegessen, dann kein Hunger mehr. Aber die meinen das vermeidet Hunger über das Jahr hinweg. Belgeitet wird das verspeisen dieser Rullkes mit den Worten: „Glückelk Neejohr – sünd de Köken all klor?“ – so heißt es auf Plattdeutsch und bedeutet soviel wie „Frohes Neues Jahr – sind die Kuchen schon fertig?“ Sie werden dem Besuch angeboten, wenn er ein gute neues Jahr wünscht, daher auch der Name Neujahrskuchen – röllchen …
Und was kommt da alles rein?
450 g Mehl,
200 g weißer Kandis
200 g Butter
1 Ei
1 Eßl. Zimt gemahlen
1 Eßl. Anis gemahlen
1/2 ltr. Wasser
Der Kandiszucker wird in heißem Wasser aufgelöst und zum Abkühlen hingestellt. Die Butter wird ebenfalls flüssig gemacht. Ist die Butter abgekühlt, rührt man sie sahnig und gibt nach und nach Ei, Gewürze, Zuckerlösung und Mehr dazu. Dieser Teig sollte nach Möglichkeit auch erst am nächsten Tag gebacken werden. Sie werden im Eiserkucheneisen dünn ausgbacken und schnell zu einer Tüte gedreht. In Blechdosen aufbewahren! „Neejahrskoken“ werden in jedem Haushalt zum Jahrewechsel gebacken und dann dem Besuch angeboten, wenn er ein gute neues Jahr wünscht, daher auch der Name Neujahrskuchen.Waffeleisen findet man fast noch in allen Haushaltungen Ostfrieslands, die alten Eisen für „Wawaltjes“ allerdings sehr selten. Die Innenflächen dieser alten Zangen sind mit Jahreszahlen, Figuren , Hauswappen oder Buchstaben versehen und dienen heute fast nur noch zur Dekoration.
So, das weiß ich nun auch. Dann mal ran an die Arbeit. Unsere Gäste werden sich freuen.
Habt ihr noch Vorschläge und Tipps zu dem Thema? Ich freue mich auf eure Kommentare.
Ja, ihr lest richtig – 12:30 Uhr und ich wünsche einen guten Morgen. Warum jetzt erst? Weil:
Kennt ihr sie auch – die Sprücheklopfer, die immer ein vermeintlich gutes altes Sprichwort wie „Morgenstund hat Gold im Mund“ bereit halten. Wobei gerade dieses Sprichwort habe ich schon lange nicht mehr gehört. Sterben sie aus …?
Heute sagt man ganz cool „the early bird catches the worm …“ meint zwar genau das gleiche, hört sich aber weltgewandter an. Auch wenn man es deutsch sagt, dann wird es nicht besser – „Der frühe Vogel frisst den Wurm …“
So, nun muss ich da mal an meine Kinder denken, die dann gerne so ein Sprichwort erklärt haben wollten. Schon ziemlicher Blödsinn. Denn mal ehrlich – wer mag schon Würmer? Weder zum Frühstück am Morgen, noch am Abend. Also ich, der ich ja kein Vogel bin, definitiv nicht. Man kann ja schon mal froh sein, dass man kein Wurm ist – der am Morgen gefangen werden soll. Oder gibt es so früh einfach nichts Vernünftiges, ausser Würmer …??
Andererseits ist denn der Mund voll Gold am Morgen so erstrebenswert? Ja – für den Zahnarzt vielleicht – das klingt nach hochwertigem Zahnersatz und füllt die Kasse des behandelnden Arztes. Der Betroffene, also der mit dem goldgefüllten Mund, scheint wohl schlechte Zähne gehabt zu haben? Klar, denn der musste ja schon früh aufstehen um Würmer zu fangen und hatte keine Zeit fürs Zähneputzen und die einseitige, weiche, eiweißhaltige Ernährung scheint sich somit auch nicht so gut auf die gesunden Zähne ausgewirkt zu haben.
Tja und was sollten uns all das nun sagen? Erstens, dass völlig gedankenlos immer irgendwelche Sprüche geklopft werden – ob alt oder neu – meistens ist es Blödsinn. Zweitens, dass man das auch irgendwie vernünftig sagen könnte. So im Sinne: Wenn du früh aufstehst, dann kannst du dein Tagespensum locker erledigen, aber auch nur wenn du ein Fan von frühem Feierabend bist. Denn für alle die, deren Biorhythmus etwas anders verläuft, der beginnt die Arbeit lieber Morgens um 10 Uhr, läuft dann gegen 18 Uhr nochmal zur Hochform auf und gleitet dann gegen 22 Uhr Abend erst langsam in den Entspannungsmodus. – „da schlaf ich doch schon längst …“ wendet jetzt so ein super guter Frühaufsteher ein. Unser Spätaufsteher kann jetzt noch gemütlich den Abend genießen – endlich einen guten Film im Fernsehen ansehen – vorher kommt ja eh nur Sch… und geht dann enstspannt ins Bett. Am nächsten Morgen betritt er dann strahlend das Büro, in dem die, vom Würmerfangen erschöpften Mitarbeiter schon ihren ersten Zahnarztbesuch hinter sich gebracht haben und dem frühen Feierabend entgegen fiebern, damit sie sich ein bisschen erholen können. Drittens – Sprichwörter machen meistens keinen Sinn – sondern nur ein schlechtes Gewissen. Viertens Pauschalisierungen waren schon immer kontraproduktiv.
In diesem Sinne – es gibt doch nicht schöneres als auszuschlafen und insbesondere am Sonntagg erst gegen Mittag zu frühstücken. Ich wünsche euch einen schönen Sonntag. Ich freu mich auf eure Kommentare und vielleicht gibt es aber das eine oder andere sinnvolle Sprichwort – dass ihr super findet und das man mal beleuchten sollte.
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